Nachdem Sie bereits in Teil 1 bis Teil 3 viel über die Kurzsichtigkeit im Kindesalter, deren Ursachen und „Bekämpfung“ erfahren haben, geht es in diesem Teil 4 darum, was wir in der Praxis tatsächlich tun, wenn wir vom Myopie-Management/Myopie-Profilaxe sprechen.
Die Myopie-Profilaxe beginnt optimaler Weise im frühen Kindesalter mit ca. 5-6 Jahren.
Zunächst geht es darum, abzuklären, ob bereits eine Kurzsichtigkeit vorhanden ist, ob die Eltern oder Großeltern eine Kurzsichtigkeit haben und wie hoch diese Kurzsichtigkeiten im familiären Umfeld sind.
Weiterhin analysieren wir den ganz normalen Alltag des Kindes:
wir schauen also genau hin, wieviel Zeit das Kind im Freien verbringt und wie die üblichen Sehaufgaben sind. Zum Beispiel im Umgang mit digitalen Endgeräten. Hat das Kind ausreichend Bewegung, macht Sport und sonstige körperlichen Aktivitäten.
Die Ernährungsgewohnheiten sind uns dabei genauso wichtig, wie die allgemeine gesundheitliche Situation des Kindes.
Es folgen im Anschluss eine Reihe optometrischer Messungen. Dazu gehören nicht nur die objektive und subjektive Augenglasbestimmung, sondern auch die Überprüfung des Status des beidäugigen Sehens.
Vor Allem führen wir verschiedene Nahmessungen durch, um im Falle der Korrektur der Kurzsichtigkeit eine optimale Lösung für Ihr Kind zu finden.
Wir machen anhand der ermittelten Daten eine individuelle Risiko-Bewertung für die Entwicklung bzw. für das Fortschreiten einer Kurzsichtigkeit.
Gerne können Sie bereits vorab unter: https://www.myopiacare.org/de/ bequem von Zuhause aus das Risiko einer hohen Kurzsichtigkeit im Erwachsenenalter testen und mit diesem Schnell-Ergebnis zu uns kommen.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt empfehlen wir den Gang zum Augenarzt, um abzuklären, ob die Augen ansonsten gesund sind. Eine Kurzsichtigkeit im Kindesalter ist keine Augenkrankheit!
Ist das Augenpaar gesund, beginnen wir mit der Myopie-Profilaxe, soweit wir das Risiko einer sich entwickelnden Kurzsichtigkeit sehen.
Diese beginnt klassischer Weise erst einmal nur mit einer Beobachtung und Kontrollterminen im 3 bis 6 Monats-Rhytmus.
Erst wenn wir feststellen, dass sich die Kurzsichtigkeit innerhalb eines Jahres um mindestesn 0,5 dpt verändert hat (0,25 dpt in 6 Monaten), empfehlen wir dringend, zu handeln.
Aber wie sieht dieses Handeln dann tatsächlich aus?
Haben wir bei unserer Anamnese, also den Eingangsuntersuchungen, festgestellt, daß visuelle Probleme bestehen, oder die Sehverarbeitung gerade im Nahbereich nicht optimal ausgebildet ist, kann mit einem optometrischen Visualtraining eine Verbesserung und Stärkung des Visuellen Systems erreicht werden.
Hier ist es möglich, dass die Kurzsichtigkeit im Anschluss weniger schnell fortschreitet.
Wie ich in den ersten Teilen bereits erwähnt habe, gibt es verschiedene Korrektur-Möglichkeiten, um das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit zu bremsen. Ob eine Nacht-Kontaktlinse (die sogenannte Ortho-K-Linse), eine Multifokal-Linse, Spezial-Brillengläser oder Spezial-Kontaktlinsen oder aber Atropin die ideale Lösung ist/sind, hängt von den individuellen Verhältnissen ab. Manchmal sind auch Kombinationen denkbar.
Da das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit ebenfalls davon abhängig ist, wie der Alltag Ihres Kindes aussieht, besprechen wir auch das Thema mit allen Beteiligten.
Auf jeden Fall entwickeln wir zusammen mit Ihnen und Ihrem Kind einen Weg, der Ihr Kind im Erwachsenenalter weniger stark kurzsichtig sein lässt. Damit reduzieren wir gemeinsam deutlich das Risiko späterer Augenerkrankungen.
Halbjährliche Kontrollen bis etwa zum 23. Lebensjahr gehören auf jeden Fall immer dazu.